Am 1. Maiwochenende fand in Hamburg-Wandsbek eine Bundeselternratstagung zu dem Thema Mut und Zuversicht statt. Zusammen mit 7 anderen Menschen war ich eingeladen, einen kurzen Beitrag zu einem Impuls-Potpourri zum Tagungsthema zu leisten. Ein schönes Format – an sich schon Mut machend – kurze Beiträge von Eltern, Schüler:innen, Erzieher:innen und Lehrer:innen ergeben zusammen einen „Vortrag“, bei dem die Thematik aus verschiedenen Perspektiven aufgegriffen und weiter entwickelt wird. Im Folgenden möchte ich einige der Gedanken mit Euch teilen, die ich im Podcast etwas ausführlicher betrachte.

Die Momente, die uns besonders herausfordern, enthalten ja oft auch das Potential, an dem wir wachsen dürfen und wenn wir genau hinschauen, entdecken wir darin kleine Keime, die uns Mut machen können. Ich möchte drei der ganz großen Herausforderungen der letzten Jahre benennen:
Da ist die rasante Entwicklung moderner digitaler Medien in den letzten 10 – 15 – 20 Jahren. Dann haben uns die Corona Pandemie und die damit in Verbindung stehenden Lockdown- und Fernunterrichtserfahrungen mit vielen herausfordernden Themen konfrontiert. Und jetzt, ganz aktuell, fordert uns der Ukraine Konflikt und die sich daraus ergebenden Fragestellungen heraus.

So unterschiedliche diese Themen auch sein mögen, so verbindet alle doch auch etwas Gemeinsames und das besteht aus meiner Sicht in den Herausforderungen, die sie an uns stellen:
Als Eltern, Erzieher:innen und Lehrkräfte sind wir plötzlich mit Situationen und sich daraus ergebenden Fragen konfrontiert, auf die wir so nicht vorbereitet waren und auf die wir keine fertigen Antworten haben. Geleichzeitig vertrauen die Kinder und Jugendlichen, unsere Schülerinnen und Schüler – mehr oder weniger bewusst – darauf, dass wir Erwachsenen gemeinsam die Räume und Rahmenbedingungen für ihre gesunde und sichere Entwicklung schaffen.
Da, wo Erwachsene Bescheid wissen wie alles geht, übernehmen sie meist alleine die Führung. Angesichts des Unbekannten erscheint es allerdings sinnvoll und angebracht, Kinder und Jugendliche in zunehmendem Maße in die Gestaltung dieser Räume einzubeziehen. Ich mkeine damit nicht, darum, dass wir unsere Verantwortung abgeben. Vielmehr plädiere ich dafür, die Kinder und Jugendklichen genau zu beobachten und ihnen gut zuzuhören, um ihre Sorgen, Nöte und Bedürfnisse zu erspüren, und vielleicht auch Lösungsansätze zu erhalten.

Das sind große Aufgaben, denen wir uns da gegenübersehen. Und nicht alle Herangehensweisen und Lösungsansätze, die wir um uns herum beobachten können, mögen uns sinnvoll und zielführend erscheinen. Aber dennoch sehe ich in der Art und Weise, wie Eltern, Waldorfpädagog:innen und Schüler:innen mit diesen Krisen umgehen, eine ganze Reihe von Mut-machenden Keimen, die es wert sind, weiter gepflegt zu werden! Im Podcast stelle ich einige der Keime etwas ausführlicher vor, die ich als besonders ermutigend erlebe oder erlebt habe.

Dabei geht es um die Frage, wie wir mit Blick auf die Medien einerseits den Entwicklungsaufgaben der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Altersstufen gerecht werden und es andererseits jungen Menschen ermöglichen, resilient und urteilsfähig sowie medienkompetent und medienmündig und damit handlungsfähig zu werden. Wie wir sie angemessen vorbereiten und ausrüsten können für ihre Zukunft in einer durch digitale Medien geprägten Welt.

Dort, wo Schulen und Pädagog:innen sich schon auf den Weg gemacht hatten, konnten sie im Lockdown mit der Herausforderung des Fernunterrichts auf schon bestehenden Strukturen und Erfahrungen aufbauen. Gleichzeitig hat die Fernunterrichtserfahrung Waldorfpädagog:innen vielerorts auch aufgeweckt. Sie haben sich getraut, bisherige Traditionen zu hinterfragen, um die ursprünglichen Absichten hinter liebgewonnenen Gewohnheiten zu verstehen. Um das Wohl ihrer Schüler:innen besorgt, haben sie dann mit den daraus gewonnenen Antworten z.T. ganz neue Wege beschritten. Es hat mich sehr bewegt zu sehen, auf was für tolle Ideen Lehrerinnen und Lehrer gekommen sind, in altersangemessener Form ihre SuS mit kreativen Aufgaben zum selber Forschen einzuladen.

Ich habe mit Lehrkräften gesprochen, die die bisher ausgetretenen Wege verlassen und mutig neue Pfade ausprobiert haben, z.B. in Form von fächerübergreifenden Projekten, bei denen ein Thema – in diesem Fall Wasser – auf unterschiedlichste Weise von den Kindern erforscht und betrachtet wurde. Solche fächerübergreifenden Herangehensweisen enthalten meiner Meinung nach auch für den Präsenzunterricht ein großes Potential.

Einen anderen der vielversprechenden Keime, die aus diesen Herausforderungen hervorgegangen sind, sehe ich dort, wo Pädagog:innen beginnen mit neuem Interesse zu erforschen, welche Hilfestellungen uns die Waldorfprinzipien geben können, was hinter jahrelang tradierten Rezepten steckt, und wo sich – unter Einbeziehen der Waldorfpädagogischen Grundsätze – auch ganz neue als die bisherigen Antworten entwickeln lassen. Ich denke dabei z.B. an das Verständnis des Lernens und der Lernprozesse. Wenn wir die Kinder und Jugendlichen nicht nur beschäftigen, sondern nachhaltige, verändernde Lernprozesse einladen wollen, dann müssen wir verstehen, was zum tiefen Lernen denn eigentlich dazu gehört, damit das Gelernte tatsächlich ankommt, aufgenommen und einverleibt wird, und später nachhaltig anwendbar bleibt.
Besonders für den Ausgangspunkt jedes Lernvorgangs, das am Anfang stehende Erlebnis, gab es im Fernunterricht wunderbare Beispiele, wie wir die Kinder und Jugendlichen noch stärker als bisher aktiv zum eigenen Tun einladen und ihnen selbstständige Lernerlebnisse öffnen können, um so das Lernen nachhaltig zu vertiefen.
Weitere Aspekte sind ein neu gewecktes Bewusstsein für die Bedeutung der Gemeinschaft ebenso wie für die Kräfte, die Kindern und Jugendlichen aus der Begegnung mit der Natur werwachsen. Die Fernunterrichtszeit hat deutlich gemacht, dass die lernende Gemeinschaft sowohl für unsere Schüler:innen als auch für Kolleg:innen eine zentrale Rolle spielt. Mehr hierzu können Sie, kannst Du im Podcast hören.

Ich freue mich auf Rückmeldungen! Herzliche Grüße aus dem Norden, mit einer Redensart, die bei meinem Biologie Professor über der Tür hing und die mir sehr ans Herz gewachsen ist:

Snacken könnt’ wi all – Don is a ding!

Reden können wir alle, auf das Tun kommt es an!

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